Die erste Mitteldistanz und dann noch auf Lanzarote!

Lest hier einen tollen Bericht von Jesús.
Meine erste Mitteldistanz – Ausgerechnet auf Lanzarote
Eigentlich sollte ich in Bocholt beim Aasee Triathlon mein Debüt auf der Mitteldistanz geben. Eigentlich, denn leider ist diese Veranstaltung im vergangenen und in diesem Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen und konnte somit nicht stattfinden. Es war eher Zufall und dank Ralf B. habe ich mich für den Ironman 70.3 auf Lanzarote angemeldet. Ich sollte es nicht bereuen.
Der Ironman auf der Insel mit seinen Strecken und den äußeren Bedingungen sollte mir einiges abverlangen. Mir war bewusst, dass diese Veranstaltung mit der anspruchsvollen Rad- und Laufstrecke mit 1541 Höhenmetern (1292 Meter Rad, 249 Meter Laufen) und viel Wind es in sich hat, aber auf der kanarischen Insel einen Triathlon zu finishen, weckte in mir einen besonderen Reiz. Ein IRONMAN in Spanien. Ich hatte wieder ein besonderes Ziel.
Nach einigen Monaten intensiver Vorbereitung, in denen ich zum Glück verletzungsfrei blieb, ging es mit meiner Familie nach Lanzarote. Auch Vereinskollege Ralf war mit an Bord und am Start.
Einige Tage vor dem Rennen verspürte ich eine innere Unruhe, eine Nervosität, die ich nur schwer ablegen konnte. Habe ich an alles gedacht? Bin ich ausreichend vorbereitet? Schaffe ich das Schwimmen im Meer? All diese Fragen beschäftigten mich und sorgten dafür, dass meine Anspannung nur größer wurde.
Dann war er da, der Tag, das Rennen, mein Debüt beim Ironman. Um 7 Uhr habe ich mich mit Ralf verabredet. Wir trafen uns vor der Wechselzone. Es war noch dunkel. Die Athleten bereiteten ihre TT-Räder auf das Rennen vor. Das wirkte auf mich alles sehr souverän und ich mittendrin als Rookie. Für mich war alles neu und sehr spannend.
Gegen 8.15 Uhr ging es dann los. Die für mich größte Herausforderung war sicherlich die erste Disziplin Schwimmen und die Distanz über 1,9 km im Meer zu bewältigen. Irgendwie wollte ich das hinter mich bringen. Zum Glück war das Meer an diesem Morgen nicht so rau und unruhig, obwohl die Vorhersage für diesen Tag nicht ganz so gut war. Ralf und ich wünschten uns noch gegenseitig viel Glück und ein erfolgreiches Rennen, bis er vor mir ins Wasser sprang und schnell davonschwamm. „Versuche ruhig und gleichmäßig zu schwimmen“. Ich wollte Ralfs Ratschlag beherzigen und tatsächlich klappte es sehr gut. Zwar überholten mich einige Athleten, aber das war mir in diesem Moment egal. „Bleib ruhig, werde nicht hektisch und bloß kein Salzwasser schlucken“, redete ich mir immer wieder ein. Nach etwa 2/3 der Schwimmstrecke konnte ich zu meiner ganz großen Freude die zwei weißen Bojen sehen, die die Ausstiegsstelle markierten. Ich war so glücklich, diese Disziplin absolviert zu haben. Dann ging es in die Wechselzone, die etwa 400 Meter entfernt war. Der Wechsel mit Neo ausziehen, Helm und Fahrradschuhe an, schnell noch Sonnencreme auftragen, klappte eigentlich ganz gut. Gefühlt ging alles zügig voran, später aber, als meine Frau mir sagte, dass ich für den Wechsel die doppelte Zeit gegenüber Ralf benötigt habe, wurde mir klar, dass ich offensichtlich alles etwas zu langsam und gemäßigt angegangen bin. Da ist noch Verbesserungspotenzial.
Dann ging es endlich auf die Radstrecke. Und wie. Der erste lange Anstieg und der stramme Gegenwind ließen nicht auf sich warten. Es lief aber trotzdem ganz gut. So konnte ich bei der ersten Runde einige Athleten überholen, die mich im Wasser offensichtlich sehr alt haben aussehen lassen. Insgesamt habe ich in der Disziplin „Bike“ im Vergleich zum Schwimmen insgesamt 170 Plätze in der Gesamtwertung gutgemacht. Der allerletzte Anstieg war sehr, sehr hart, bis es dann abschüssig mit Rückenwind und hoher Geschwindigkeit zurück zur Wechselzone ging.
Vor der Wechselzone warteten meine Frau und unsere Kinder auf mich. Ich hatte sie dort überhaupt nicht erwartet, da wir eigentlich einen anderen „Treffpunkt“ auf der Laufstrecke ausgemacht hatten. Dieser Moment hat mir so viel Auftrieb gegeben und mich emotional sehr berührt. Ein ganz besonderer Moment!
Der Wechsel vom Rad zum Laufen klappte (gefühlsmäßig) auch ganz gut. Mein Plan ging auf: Nicht überpacen, im gleichmäßigen Tempo laufen und wenn es geht, hinten heraus etwas schneller werden. Bei den Temperaturen habe ich fast jeden Verpflegungsstand in Anspruch genommen. Viel trinken war die Devise. Meine Uhr zeigte mir eine Pace von 5:45 Minuten im Durchschnitt, womit ich sehr zufrieden war. Vor dem Rennen konnte ich überhaupt nicht einschätzen, wie schnell es gehen könnte. „Lauf einfach nach Gefühl“. Das waren die Worte von Ralf. Und womit er völlig recht hatte. Läuferisch kann ich meine Grenzen ganz gut einschätzen. Also habe ich auf meinen Körper gehört und bin so schnell gelaufen, wie ich nach 1,9 km Schwimmen und 90 km Radfahren noch konnte.
Dann passierte ich die 20km Markierung.  Bei dieser Marke war klar, dass ich es bald geschafft habe. „Nur noch etwas mehr als 1 km“, redete ich mir „siegessicher“ ein. Doch der Zieleinlauf wollte einfach nicht kommen. 1000 Meter können so lang sein. Nach meiner Uhr bei etwa 22,2 km war es dann soweit: Die rote Ironman-Matte! Der Zieleinlauf! Die laute Musik! Diese ausgelassene Stimmung der Zuschauer!
Eine englischsprachige Stimme ertönte aus den Lautsprechern und nannte meinen vollen Namen. „Jesús Santos Conde made it – Congratulations“. Ich habe es geschafft – nach 6:27:00 Stunden. Diese vielen, vielen Stunden Training haben sich für mich in diesem Moment bezahlt gemacht. Am Ziel erwarteten mich meine Frau, meine Kinder und Ralf, der schon längst angekommen war und auf seinen dritten Platz in seiner AK sehr stolz sein kann. Ja, und stolz bin ich auch, aber vor allem auf meine Familie, die lange hintenan stehen musste, in den letzten Monaten, die Zeit, die ich brauchte, um auf dieses Rennen gut vorbereitet zu sein.
Mein herzliches Dankeschön an Ralf für deine Unterstützung und deine vielen wertvollen Tipps rund um das Rennen. Ich konnte viel von deiner langjährigen Erfahrung lernen und profitieren.
Danke auch für den Support von allen aus dem Verein Marathon und Triathlon Mülheim. Ihr seid der Wahnsinn!!! Viele von euch haben Ralf und mich live über die Ironman-App getrackt. Danke, danke, danke !!! Ich bin sehr froh, ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
Das sollte ganz bestimmt nicht meine letzte Mitteldistanz sein. Es macht Lust auf mehr.